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Oskar Sala - der Pionier der elektronischen Musik
Nicht erst seit Tangerine Dream und Kraftwerk sind deutsche Komponisten und Musiker Wegbereiter der elektronischen Musik. Schon in den dreißiger Jahren wurde in Deutschland intensiv an der Entwicklung elektronischer Musikinstrumente gearbeitet. Neben Dr. Trautwein war es vor allem Oskar Sala, der an der Realisation des ersten spielbaren Trautoniums mitwirkte. Im Rahmen der Frankfurter Ausstellung "Design Horizonte" gab es die seltene Gelegenheit, Oskar Sala mit seinem Trautonium live zu erleben.
Der Pionier....
Oskar Sala, 1910 in Thüringen geboren, begann 1929 sein Studium in der
Meisterkompositionsklasse von Paul Hindemith an der Berliner Hochschule
für Musik. Dort traf er Dr. Trautwein, der an der Rundfunkversuchsstelle
mit der Entwicklung eines elektronischen Musikinstruments beschäftigt war.
Als einziger seiner Klasse war Sala von diesem Instrument so fasziniert,
daß er seine Studienzeit eher lötend und tüftelnd als
komponierend nutzte. Hindemith unterstützte die Entwicklung, er wollte zum
Fest der neuen Musik 1930 zum ersten Mal ein elektrisches Konzert
verwirklichen. Die vier "Triostücke für drei Trautonien"
waren ein großer Erfolg und motivierten Sala zur Weiterentwicklung. Ein
1933 von Telefunken für 300 Reichsmark auf den Markt gebrachtes
Volkstrautonium konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Nach Hindemiths
Emigration in die USA begann Harald Gezmer zunehmend Kompositionen für
Trautonium und Klavier zu schreiben. Sala erreichte als einziger
Trautoniumsolist eine solche Fingerfertigkeit, daß er in der
Rundfunksendung "Musik auf dem Trautonium" sogar Paganini-Capricen
über den Äther schickte. 1958 konzentrierte sich Sala mehr und mehr
auf die Filmmusik, mit Bandmaschine, Perfoläufern und Filmschneidetisch
konnte er selbst seine Musik synchron zum Film aufnehmen, mischen und anlegen.
Bis heute entstanden über 300 oft preisgekrönte Filmmusiken, z.B. die
zu Hitchcocks "die Vögel", "die Brücke" von
Bernhard Wicki und "das indische Grabmal" von Fritz Lang. In der
letzten Zeit hat Sala sich weitgehend aus dem Filmgeschäft
zurückgezogen, trotz seines Alters ist er aber immer noch musikalisch
aktiv. Vor einiger Zeit erschien im Erdenklangverlag seine CD "my
fascinating instrument" mit eigenen Kompositionen. Mit anderen
synthetischen Instrumenten hat er sich jedoch nie beschäftigt.
sein Instrument.....
Die Tonerzeugung des ersten Trautoniums basierte auf einer Thyratronröhre,
die obertonreiche Schwingungen erzeugt. Mit Hilfe diverser Filter konnten die
Klänge verändert werden. Besonders auffällig ist das noch heute
im Grundprinzip verwendete Keyboard: ein Widerstandsdraht wird mit dem Finger
oder per Taster auf eine Kontaktfläche gedrückt. Die Anschlagsdynamik
wird durch eine weitere Mechanik umgesetzt. Durch diese Technik ist das Manual
nur monophon bespielbar, dies allerdings in jeder freien Stimmung. Ein Tremolo
oder Portamento kann wie bei der Geige direkt mit dem Finger erzeugt werden,
Transponierungen werden mit zwei Fußschaltern getätigt. Die 1948
entwickelte Frequenzteilerschaltung, die subharmonische Tonreihen zum Grundton
bildet, ermöglichte erstmals polyphone Klänge. 1988 wurde das
"Mixturtrautonium nach Oskar Sala" letztmals modernisiert. Drei
Professoren der Fachhochschule der deutschen Bundespost Berlin übernahmen
mit ihren Schülern in der Werkstatt der Schule den Austausch der doch in
die Jahre gekommenen und störanfälligen Röhrentechnik. Dennoch
blieben sie trotz Transistor- und Mikroelektronik dem Grundgedanken des
Trautoniums treu. Nach wie vor stellen Sägezahn- und Rauschgeneratoren das
Basismaterial der Klänge. Wie auch in der klassischen Synthesizertechnik
wird die Klangformung mit diversen Formantfiltern, Equalizern und
Hüllkurvengeneratoren vorgenommen. Vier Töne pro Manual können
gleichzeitig erklingen, das Keyboard ist allerdings nach wie vor monophon. Als
externe Geräte dienen diverse Delays, Harmonizer, Reverbs und ein
Frequenzumsetzer, der ringmodulatorähnliche Klänge erzeugt.
und das Konzert:
in Frankfurts neuestem Einkaufstempel, der Zeilgalerie "les facettes"
sollte Oskar Salas Auftritt als Multimedia-Performance präsentiert werden:
Außenlautprecher und Videoprojektoren übertrugen das Konzert in den
Straßenraum der Einkaufsmeile, Computer setzten die Audiosignale in
blitzartig zuckende Linien um und sollten als "kinetische
Lichtplastik" den Musiker "kongenial" begleiten, wie der
Pressetext verspach. Die Lichtblitze waren aufgrund der Helligkeit in der
Einkaufszone nicht sonderlich spektakulär, auch war die Atmosphäre
draußen nicht einladend zum längeren Verweilen. Oben im Konzertsaal
im siebten Stock, wo nur Gäste mit Einladung (die allerdings recht
großzügig vergeben wurde) Zutritt hatten, war das Ambiente zum
konzentrierten Zuhören vorhanden. Oskar Sala weiß als Musiker und
auch als Erzähler sein Publikum zu unterhalten, trotz seines hohen Alters
ohne geistige oder körperliche Konditionsprobleme. Synthispielen scheint
wirklich jung zu halten! Allein mit unzähligen Knöpfen und Schaltern
auf der Bühne, entlockt er seinem Instrument Klangbilder, die aufgrund
seiner kompositorischen Ausbildung und der teilweise freien Stimmung
interessant und ungewohnt klingen. Seine Fingerfertigkeit auf dem doch
seltsamen Keyboard, die man durch die Projektionswände in Naheinstellung
verfolgen konnte, ist erstaunlich. Neben diversen Variationen der "Caprice
Rubato" präsentierte er seine "Fantasie Suite in drei
Sätzen" und seine "elektronische Tanzsuite für
Mixturtrautonium solo und Mixturorchester (von DAT) in fünf
Sätzen". Klanglich bot er wuchtige Analogbässe, eigenartige
Schwebeklänge, rauschende Solosounds und verstimmte Ringmodulatoreffekte,
die im heutigen postdigitalen Zeitalter jedoch nicht umwerfend neu, sondern
eher klassisch nostalgisch anmuten. Störend wirkten auf jeden Fall die
längeren Pausen, die zur Soundumstellung nötig waren. Hier
hätten sich die Bundespostprofessoren ruhig eine Möglichkeit zur
Parameterspeicherung einfallen lassen können! Allerdings ist das
Trautonium ja auch nicht für den live - Einsatz gebaut worden, aber selbst
für den Studiobetrieb hätten Speicherplätze wohl eine deutliche
Zeitersparnis bedeutet. Ebenso der DAT Rekorder, der für einige
Stücke Playbacks liefern sollte, machte Schwierigkeiten, er fand nur in
Ausnahmen die richtigen Cue - Punkte. Mit dem Kopfhörer auf den Ohren
unermüdlich nach der richtigen Einstellung suchend, machte Sala
öfters den Eindruck, daß er im Parameterdschungel seine Zuhörer
ganz vergaß. Diese nahmen die Pausen jedoch geduldig hin und spendeten
fleißig Applaus. Ganz ehrlich gab er auch zu, wenn manche Stücke
soundmäßig nicht so gelangen wie eigentlich geplant. Wer bei den
Unterbrechungen und der doch auf die Dauer eintönigen
Bühnenpräsentation die Konzentration zum Zuhören verlor, der
wurde bei den vier Filmen, die als Videoeinspielungen zu sehen waren, wieder in
der Aufmerksamkeit gefordert. Neben dem Hitchcock-Klassiker überzeugte die
Produktion "Stahlthema mit Variation" von Hugo Niebeling, die 1960
den Grand Prix in Rouen erhielt. Sala montierte seine Filmmusik perfekt zu den
faszinierenden Bildern aus der Stahlverarbeitung. Ohne Sprache oder
naturalistische Geräusche wirkt der Film allein durch die gelungene
Kombination von Bild und elektronischem Klang. Auch der Zeichentrickfilm von
Manfred Durmiok, "Zeichnungen von Oswin" demonstriert Salas
Fähigkeiten, Bilder ohne Sprache oder Geräusche akustisch auszumalen.
Als letztes folgte "eine Reise zum Mond" zusammengestellt aus
Filmmaterial der NASA. Nach zweieinhalb Stunden leerte sich der Saal zunehmend,
trotzdem wurde noch eine Zugabe erklatscht und vom Veranstalter nebst
Präsenten eine Laudatio gegeben. Ein paar Neugierige scharten sich noch um
Sala und sein Trautonium, aber jeder Keyboarder konnte wohl mit dem guten
Gefühl nach Hause gehen, daß die heimischen Korgs, Rolands und
Yamahas spiel- und soundtechnisch doch ihre immensen Vorteile haben. Vielleicht
haben aber auch einige Nostalgiker still ihrem längst verkauften Moog oder
ARP nachgetrauert.
Equipment Oskar Sala :
- 1 Mixturtrautonium nach Oskar Sala
- Frequenzumsetzer (Röhrentechnik)
- 2 Ibanez HD 1000 Harmonizer
- 2 Ibanez DMD 2000 Delays
- Vestafire RVD 901 Reverbs
- 1 Roland 16 Kanal Mischer
- 1 Sharp DAT Rekorder